Wissenschaftliche Zulassungsarbeit im Fach Musikgeschichte an der Musikhochschule Trossingen
Abgabe: 15. März 1997
Betreuender Dozent: Prof. Dr. Thomas Kabisch
Polyphone Strukturen in homophoner Musik
Diese Arbeit widmet sich dem Phänomen Polyphonie. Dabei wird angenommen, dass es sich nicht um einen Satztyp handelt, der sich grundsätzlich von der Homophonie unterscheidet, sondern um eine Art Sonderfall. Dabei gibt es verschiedene Varianten: Polyphone Musik oder polyphone Stellen in homophoner Musik können sich ganz der harmonischen Progression anpassen oder sich auf verschiedene Art von ihr abheben und sich der harmonischen Analyse widersetzen. Wo die harmonische Analyse hakt, wird es spannend: Der Hörer wird überrascht, weil da etwas ist, was eigentlich nicht so sein kann..
Die ausgewählten Stücke stammen von Robert Schumann und Frederik Chopin. Sowohl als auch Frederik Chopin analysierten die polyphone Musik Johann Sebastian Bachs und nahmen sie als Anregung für ihr eigenes kompositorischen Schaffen. Daher lag es nahe, auf Stücke in deren Klavierwerk zurückzugreifen, wo bei grundsätzlich homophonem Satz doch an einigen Stellen große Selbständigkeit von Einzelstimmen zu beobachten ist.
Als Untersuchungsinstrument wähle ich die Generative Theory of Tonal Music (GTTM) des Musikwissenschaftlers Fred Lehrdahl und des Linguisten Ray Jackendoff. Deren Regelwerk entspricht erklärtermaßen homophoner Musik, zur Analyse wird der Klangstrom ohne Rücksicht auf polyphone Verflechtungen zerteilt. Ob das im Einzelfall funktioniert, gibt uns dann Informationen über das Prinzip Polyphonie.
Die Untersuchung erklärt, warum manche Stellen in Kompositionen so überraschend klingen und auf welche Weise Komponisten hier mit der Erwartung der Hörer spielen.